Am einem Freitag begann unsere Reise „Nil, Wüste, Meer: Ägypten“ mit der Zugfahrt von St. Margrethen zum Flugplatz Kloten, und auf diesem Weg kehrten wir am 20.4. auch wieder zurück. Dazwischen lag vieles: Erwartetes und Unerwartetes, große Eindrücke und auch kleine Erlebnisse, die uns zu einem runden Bild verhalfen.
Vom Taxi aus, als wir vom Flughafen Kairo in die Stadt fuhren, hatten wir den ersten Anschauungsunterricht. Der Verkehr in einer orientalischen Stadt gehorcht eigenen Gesetzen. Man fährt dort, wo gerade Platz ist, egal ob eine Spur dies vorsieht oder nicht. Gehupt wird auf jeden Fall, ausgiebig. Und auch das älteste Modell eines Opel oder sonstwas hat nicht den Wert eines Oldtimers: es gibt viele davon, ja es gibt fast nur solche. Und wenn die Kurbel für das Fenster beim Handschuhfach aufbewahrt wird: was machts, wir wollen doch nicht kleinlich sein. Außerdem ist es ohnedies besser, das Fenster nicht zu bewegen. Es schwankt auch ohne die Herausforderung einer Auf- oder Abwärtsbewegung schon bedenklich hin und her. Für uns war es ein Verkehrschaos, das rund um uns herrschte, aber es gehorchte doch irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten. Der Verkehr war flüssig.
Wir landeten schließlich in Zamalek, dem nördlichen Teil der Nilinsel Gesira. Hier scheint das Leben gemächlicher, es gibt viel Grün und schöne alte Häuser, ein Ort der Erholung vom üblichen Trubel einer Grosstadt. Diesmal war die Suche des Hotels nicht schwierig, da der Taxifahrer vom Hotel geschickt worden war – die nächsten Male dauerte es länger. Und dann standen wir erstaunt in einem hässlichen Eingang – hier sollte ein hübsche Hotel sein? Das Rätsel löste sich bald, denn das Hotel belegt lediglich zwei Stockwerke des Gebäudes. Hübsch war es wirklich, mit viel Liebe geführt: Blumen, brennende Kerzen, umrankte Terrassen, auf denen sich trefflich ein kühles Bier trinken ließ. An diesem ersten Abend in Kairo hielt es uns jedoch nicht auf einer Hotelterrasse. Wir wollten hinaus ins Leben und spazierten Richtung Hotel Marriott. Wir sahen die ersten Schaufenster und Zahlen, die wir nicht lesen konnten, probierten in einer Saftbar Zuckerrohr- und Orangensaft, bewunderten Männer in Turban und Djellaba, die im Café Wasserpfeife rauchten – kein Zweifel, wir waren im Orient. Es folgte ein erster Gruß an den Nil. Nach der lebensgefährlichen Überquerung einer Nilbrücke tauchten wir ein in die orientalische Pracht vergangener Zeiten im alten Teil des Hotels Marriott, einem wunderschön renovierten Palast mit prächtigem Eingang. Wir versanken in Lehnstühlen aus der Jahrhundertwende, charmant umsorgt von einer weiblichen Bedienung. Später sollte uns auffallen, dass wir hier das erste und auch letzte Mal von einer Frau bedient wurden. Fortan waren es Männer.
Am Samstag gings in den Souk Khan el-Khalili, das alte Marktviertel von Kairo. Eigentlich wollten wir dorthin spazieren, von der ältesten Moschee der Stadt ausgehend immer mehr eintauchen in die Farben, Gerüche, Geräusche dieses faszinierenden Basars. Zwei Taxifahrer versicherten wiederholt, die Moschee El-Hakim zu kennen. Allerdings war sie
auch nach mehrmaligem Nachfragen der Taxifahrer bei Passanten nicht auffindbar, bis wir die Stadtrundfahrt als ausreichend betrachteten und beim Markt ausstiegen – klüger um die erste Lektion im Überlebenstraining: ein Taxichauffeur wird immer behaupten, Dich zu verstehen und das Reiseziel bestens zu kennen. Bist Du erst mal im Auto, ist ihm das Geschäft sicher. Dafür nimmt er geduldig ewiglanges Herumfahren, Suchen und Fragen auf sich. Lektion zwei folgte rasch, als wir uns in einem Café für die kommenden Kaufverhandlungen stärken wollten: wenn Du das Gefühl hast, dass an diesem Platz Vorsicht angebracht sein könnte - konsumiere nichts, ohne vorher nach dem Preis zu frage n. Da unsere Toleranzgrenze als gutzahlende Touristen überschritten wurde, begaben wir uns ungestärkt in erste Kaufbegeisterungen: Schmuck, Papyrus, einer der zarten Glasbehälter, Geschenke wurden erstanden, und dann bogen wir in den Gewürzsouk ein. Eine Welt für sich tat sich auf. Wir hatten den Eindruck, an einem Fotomotiv nach dem anderen vorbeizuspazieren. Weihrauch wurde gekauft und das eine oder andere Gewürz. Schließlich begaben wir uns voll mit Eindrücken auf die Suche nach dem nahegelegenen Café Fishawi, dem berühmten alten Kaffeehaus. Hier taucht man ein in vergangene Zeiten. Schon etwas blinde große Spiegel hängen an der Wand und vergrößern den schmalen Raum optisch. Verschiedene Sitzecken mit den typischen kleinen Tischchen sind allesamt gemütlich, und da der Platz beschränkt ist, gibt es auch draußen noch Sitzmöglichkeiten. Wasserpfeifen werden geraucht, und wir stellten fest, dass es stimmt: nun rauchen auch vereinzelt Frauen in der Öffentlichkeit eine Wasserpfeife, wir haben eine der Mutigen gesehen. Während wir ein dickflüssiges heißes Milchgetränk oder Tee schlürften, gingen die Kaufverhandlungen mit den vorbeikommenden Straßenverkäufern weiter. Eine Geldtasche, groß genug für die Euroscheine, wechselte den Besitzer, zarte Schmetterlinge setzten sich auf Sonnenhüte.
Nach nochmaligem Stöbern im Bereich der Schneider und Kleiderverkäufer erholten wir uns im angepeilten Restaurant: ruhig war es, kühl, eine Insel im Trubel. Da konnte man es wieder verschmerzen, dass der Verkäufer vor der Tür für die Briefmarken 2 Pfund verlangte, obwohl, wie später gesehen wurde, 1,25 draufstand. Lektion drei: es gibt keinen Preis für eine Ware. Dieser ist immer Verhandlungssache und abhängig von der jeweiligen Situation zwischen Verkäufer und Käufer. Daraus folgt schon, daß die erste Preisangabe des Verkäufers ganz automatisch zu hoch sein wird und das Handeln beginnt, eine Kunst für sich, die von beiden Seiten mit Humor verbunden sein kann. Diese Preisverhandlungen sind auch eine wunderbare Gelegenheit, mit den Menschen des Landes ins Gespräch zu kommen, und nicht selten enden diese Szenen mit einer Einladung zum Tee – ein Vorteil für beide Teile, den durstigen Käufer sowieso und auch den Verkäufer. Denn je länger der Kunde im Geschäft bleibt, desto eher fällt sein von der Fülle vielleicht schon müder Blick auf ein neues, kaufenswertes Detail.
Nach einer der immer schwierigen Straßenüberquerungen hatten wir Glück: die El-Azhar-Moschee war für Besucher geöffnet. Wir ruhten uns einige Zeit aus, angelehnt an eine der Wände des großen Säuleninnenhofes, und ließen die Atmosphäre auf uns wirken. Friedl besuchte den Männergebetsraum, und wir hatten Kontakt zu einigen freundlichen Frauen im Frauengebetsraum, bis wir hinauskomplimentiert wurden: von einem barschen Herrn mit gutem Deutsch, der uns erklärte, dass wir die Frauen stören würden. Da wir nicht unbedingt diesen Eindruck hatten, ergab sich eine engagierte Diskussion, die schließlich im gegenseitigen Einverständnis endete –unser neuer Freund war davon so angetan, dass er uns begleitete und in eine Nebengasse führte, vorbei an vom großen Erdbeben im Jahr 1990 beschädigten Häusern. Denn unser eigentliches nächstes Ziel, der nördliche Friedhof, sei erst in zwei Stunden gut besuchbar, da die Menschen jetzt beten würden... Spätestens da war klar, dass wir eine ganz raffinierten Methode des Schleppertums kennen
gelernt hatten: die barsche Art, die sich schließlich in Freundschaft auflöst. Wir ließen uns eine interessante kleine Werkstatt zeigen, in der die bekannten Holzkästchen mit Muscheleinlegearbeit, ja auch große Möbel in dieser Technik hergestellt wurden. Lektion vier: durch Schlepper (auch wenn dieser Begriff sehr negativ klingt) kann man durchaus interessante Sachen erfahren und kennen lernen, sie sind gute Kenner der Gegend. Es empfiehlt sich, das eine oder andere Mal ihren Vorschlägen zu folgen. Wir hätten nie gedacht, dass diese Einlegekästchen tatsächlich in so mühevoller Kleinarbeit von Hand gefertigt werden. Mit den dort gekauften Stücken verbinden wir nun eine ganz besondere Erinnerung.
Am Sonntag fuhren wir im Taxi die kurze Strecke zum südlichen Teil der Nilinsel und bestiegen dort die U-Bahn. So umgingen wir den Verkehr der Grosstadt und sahen zu unserem Erstaunen, dass die U-Bahnanlage so sauber war wie selten eine. Diesem ihrem Ruf wird sie also wirklich gerecht. Unser Ziel waren die Cheopspyramide und die Pyramide des Chephren. Wir haben ihren gewaltigen Eindruck ausgiebig auf uns wirken lassen. Auf der einzigen Bank ringsum haben wir Informatives zu den Pyramiden aus den Reiseführern vorgelesen, sind dann rundherum gewandert, haben bei einer zweiten Ruhepause den Blick Richtung Wüste genossen. Friedl hat sich dabei wohl von seinem halbfreiwilligen Kamelritt erholen wollen. Das gelang nicht ganz, denn Lektion zwei folgte rasch: gib nie Trinkgeld aus der Hand in der Erwartung, das geforderte Wechselgeld zurückzubekommen. Zug um Zug heißt hier die Devise... Schließlich haben wir auch noch das Innere der Chephren-Pyramide erkundet, sind ehrfürchtig gebückt durch den niedrigen Gang geschritten.
Den Weg zur Sphinx haben wir auf unterschiedlichste Weise hinter uns gebracht: Herma, Edith und Angelika in der Pferdekutsche, Friedl hoch zu Roß, Martha und ich einfallslos zu Fuß.
Als wir schließlich voll von Eindrücken im Restaurant saßen, stellten wir erstaunt fest, dass wir uns volle drei Stunden im Gebiet rund um die Pyramiden aufgehalten hatten. Wir hatten ein ausgiebiges Mittagsmahl verdient, samt anschließenden Tee oder Kaffee in einem naheliegendem Kaffeehaus. Dort trafen wir auch den Taxichauffeur wieder, der uns unbedingt fahren wollte und der dafür auch die Wartezeit in Kauf nahm, während wir aßen. In Gedenken an Lektion eins (ein Taxichauffeur wird immer behaupten, Dich zu verstehen und das Reiseziel bestens zu kennen) habe ich ihm vorsorglich neben mehrfacher Erklärung auch noch unser Ziel auf dem Stadtplan gezeigt: wir wollten zur nahegelegenen Endstation des öffentlichen Nilschiffes, um per Boot in die Stadtmitte zurückzukehren. Irgendwas hat er ja auch verstanden, haben wir dann festgestellt, als wir in der Stadtmitte bei der Anfangsstation des Schiffes ausstiegen: nämlich Schiff. Jedenfalls haben wir auf diese Weise ausgedehnte Außenbezirke von Kairo gesehen, zum großen Teil unverputzte Hochhäuser, mit vielen Moscheen dazwischen. Und zu einer Schiffahrt sind wir schlussendlich auch noch gekommen: nach kurzer Wartezeit in einem geschlossenen Schiff mit leider ungeputzen Fenstern haben wir auf guten Rat von Friedl hin die Konsequenz gezogen und ein kleines Motorboot gemietet. Mit Hilfe der schwarzgekleideten Mutter hat der junge Bootsführer Kraft und Schweiß verbraucht, um die Luftzufuhr zum Motor (oder so was ähnliches jedenfalls) per periodischen Handabdeckungen zu regeln und gleichzeitig auch noch zu lenken. Er hat sich und uns eine Ruhepause verschafft, denn er mußte die Fahrt unterbrechen, um im Kanister Benzin zu holen. Mit Hilfe einer Anzahlung unsererseits gelang dies auch. Jedenfalls hat er uns bravourös rund um die Nilinsel geführt, vorbei an einigen Luxushotel, dem Kairo Tower – dem Wahrzeichen der Stadt - und alten Hausbooten. Wir hatten ausreichend Muße, um die „Skyline“ von Kairo zu betrachten, ein Bild, das uns sicherlich in Erinnerung bleiben wird.
Von der Bootsanlegestelle aus haben wir uns dann zu Fuß aufgemacht zum nahegelegenen modernen Teil der Stadt. Denn wir wollten doch Kairo nicht verlassen, ohne seinen Drehpunkt gesehen zu haben, den Platz Midan et-Tahir. Die Zeit reichte auch noch für einen Abstecher zum berühmten Café Riche. Nach seiner Restaurierung erstrahlt es nun in altem Glanz. Der Orangensaft war sehr gut, nicht mit Wasser verdünnt! Ein Taxi brachte uns zum Hotel zurück, wo wir freundlicherweise ein Zimmer benutzen durften und uns somit noch frischmachen konnten. Dann war es Zeit, zum Bahnhof zu fahren.
Der Nachtzug nach Kairo ist überraschend modern. Wir fühlten uns wohl in unseren Zweierabteilen. Pünktlich um acht ist er abgefahren, und nach einiger Zeit wurde das reichliche Abendessen in den Abteilen serviert – nein, in der Bar dürfe das Essen nicht konsumiert werden, das sei nicht vorgesehen. Dafür gingen wir nach dem Essen noch „aus“, und es wurde ein amüsantes Lehrstück darüber, wie locker und lebenslustig arabische Menschen sein können. Es dauerte nicht lang, bis die landestypische Musik zum Tanzen animierte, und schließlich forderte einer der beiden Kellner der Reihe nach die anwesenden Frauen – es waren „nur“ Touristinnen anwesend – zum Tanz auf. Bei uns kaum vorstellbar: Der Kellner einer Bar tanzt begeistert mit den Gästen, sein Kollege arbeitet für ihn mit.Nicht nur bei dieser Gelegenheit stellten wir fest, dass viele Menschen in jener Gegend Bewegungstalente sind.
Am Montag hatten wir einen langen Tag. Wir wurden schon um 4 Uhr vom Zugbegleiter geweckt, und gestärkt von einem Frühstück noch im Zug standen wir das erste Mal in Luxor vor dem Nil. Da wir auf der West Bank wohnten, konnten wir die erste Überfahrt schon um halb sechs Uhr genießen, in einer Atmosphäre von Dunst und Sonnenaufgang. Das nette kleines Hotel mit einem schönen Mini-Garten und einer Terrasse mit Blick auf den Nil oder zumindest Nilwasser war nahe der Anlegestelle, also konnten wir zu Fuß hingehen. Wir wollten die Gunst der frühen Stunde nutzen und beschlossen, mit Fahrrädern ins Tal der Könige zu fahren. Ich mußte den Radverleiher zwar zuerst wecken lassen, aber dann hat es geklappt. Wir genossen die Fahrt durch das fruchtbare ländliche Gebiet. Unser erster Halt war bei den Kolossen von Memnon, zwei riesigen Statuen mitten in einer Wiese. Bald ging es den ersten Bergrücken entlang, vorbei an einigen Dörfern. In einem kleinen Geschäft kauften wir Wassernachschub, und Edith fand in der nebenan gelegenen Werkstätte hübsche Figuren aus Alabaster. Nach einigen weiteren Kilometern bogen wir ab in die Berge. Es gab günstigerweise kaum Steigungen. Wir konnten uns gut vorstellen, wie zwischen diesen Bergrücken nach geheimen Stellen für die Gräber gesucht worden war.
Schließlich haben wir drei dieser Gräber besucht, erstaunt über die bis heute erhaltene Farbenpracht der Wandmalereien. Beeindruckend, mit welchem Aufwand diese letzten Ruhestätten gebaut worden waren.
Auf der Fahrt zurück kehrten wir in einem Restaurant mit Gartenwirtschaft ein und haben dort einige Zeit verbracht. Die Heimfahrt war schön. Herma war, gelinde gesagt, froh, als wir wieder in unseren Hotelzimmern waren, eine richtig lange Mittagspause war nun angesagt.
Am späteren Nachmittag bummelten wir durch Luxor, vorbei am Luxor Tempel und den vielen Pferdekutschen, die hier zum typischen Stadtbild gehören. Im Souk erstanden wir
noch einige Souvenirs, und dann trennten sich unsere Wege. Edith, Angelika und Friedl brachen auf zu einer weiteren Erkundung der Stadt, die sie schließlich auch ins bekannte Museum führte. Herma und ich wollten auf direktem Weg zum Teetrinken ins berühmte Hotel Old Winter Palace. Der Kutscher hatte es nicht schwer, uns zu einer ausgedehnteren Stadtrundfahrt zu überreden. Als wir im „Papyrus Museum“, wie etliche Papyrusgeschäfte in Luxor sich nennen, nichts kauften, nahm seine Begeisterung merklich ab. Schließlich saßen wir doch auf der Hotelterrasse und betrachteten den Sonnenuntergang über dem Nil. Eine Besichtigung des renovierten und heute sehr teuren Hotels erinnerte mich an alten Zeiten: als ich vor 20 Jahren hier wohnte, war von Luxus keine Rede, und so manche Lampe bestand lediglich aus einer herabbaumelnden Glühbirne. Das Hotel hat zu seinem ursprünglichen Zweck, reiche Touristen nach Luxor zu bringen, wieder zurückgefunden.
Den Abend haben wir auf unserer Hotelterrasse verbracht, müde vom langen Tag. Fast – denn schließlich haben wir Friedl noch überredet, wie lang angekündigte eine Wasserpfeife zu rauchen. Im Kaffehaus ums Eck fanden wir das richtige Ambiente vor, eine ganze Reihe von Wasserpfeifen blubberte schon. Nach anfänglichen Schwierigkeiten („das zieht nicht, das geht nicht“) klappte es schließlich doch („da muß man ja ordentlich fest ziehen!“). Neugierig haben wir alle probiert, ob Raucherin oder nicht. Angenehm schmeckte es, waren wir sofort einig, mit einem leichten Orangengeschmack.
Am Dienstag wechselten wir die Perspektive. Auf dem Rücken von Kamelen hatten wir einen guten Überblick über die grünen Kleefelder und die gelben, erntereifen Weizenfelder. An einigen Stellen hatte die Ernte auch schon begonnen: in der Hocke, mit Sicheln in der Hand, haben stets mehrere Männer gemeinsam von Hand geerntet. In den Dörfern haben wir die dort häufigen Bemalungen von Häuserwänden studiert, die meist etwas Wichtiges über die Bewohner aussagen. So deutet ein Flugzeug vielleicht darauf hin, dass ein Bewohner des Hauses nach Mekka gepilgert ist, der oft nicht finanzierbare lebenslange Traum vieler Moslems.
Nach einer Mittagspause hatten wir um viertel vor vier ein Rendevouz. Mit einem Felukkenboot segelten wir stilgerecht den Nil entlang. Oder doch so ähnlich... Denn flußaufwärts wurden wir gemeinsam mit etlichen anderen angehängten Booten von einem starken Boot gezogen, bis zur Anlegestelle an der Bananeninsel. Da wir die dort verlangten 5 Pfund „Eintrittsgebühr“ pro Person ins dahinter liegende Gasthaus nicht zahlen wollten und uns auch der sich zwischen Bananestauden verlierende Weg nicht reizte, kehrten wir aufs Boot zurück.
Es sei nun aber möglich, dass wir vor dem Sonnenuntergang zurück seien, meinten die beiden jungen Bootsbegleiter, wohl enttäuscht, da ihr Anteil am „Eintritt“ entschwunden ist. Das Boot trieb langsam am Nil, es war geruhsam, ruhig, schön. Und sogar Tee wurde zubereitet! Genau zum Sonnenuntergang legten wir in Luxor an. Zufrieden mit diesem Ausflug hieß es, sich in Luxor stärken, denn ein weiterer Höhepunkt war geplant. Mit Pferdekutschen fuhren wir zum Tempel von Karnak, wo um 20 Uhr die Lichtshow begann. Es war nicht so wichtig, was hier auf Englisch erzählt wurde. Die Bilder waren es, derentwegen wir gekommen waren. Es war eindrucksvoll, in der großen Halle zu stehen unter den riesigen beleuchteten Säulen. Langsam wurde die Gruppe durch die Anlage dirigiert, bis wir schließlich sogar sitzend die Bilder auf uns wirken lassen konnten.
Schon etwas müde waren wir, als wir die Anlage verließen. Dennoch wollten wir einigen jungen Burschen den Wunsch nach einem gemeinsamen Foto nicht abschlagen: adrett waren sie, in dunkler Hose und Hemden, wie beim Schulausflug. Gerade rechtzeitig sah ich, wie einer von ihnen bei dieser günstigen Situation einen unserer Rucksäcke öffnen wollte. Schreiend schimpfen ist in einem solchen Fall die Devise, und das tat ich auch aus voller Kehle. In Sekundenschnelle waren sie quer über der Wiese und weg. Das hat uns gezeigt, dass diese Aktion wohl eher gemeinsam geplant war.
Erholung gab es auf der Hotelterrasse. Ein Fest war im Gang. Musikanten, und Tänzer brachten so gute Stimmung, dass schließlich auch wir ein Tänzchen wagten.
Am Mittwoch fuhren wir mit dem Bus durch die Wüste bis ans Rote Meer nach Safaga. Ein erster Strandspaziergang, schwimmen, sonnen: leider war es etwas windig. Das Abendessen in der schönen Hotelanlage konnte dennoch im Freien stattfinden, und wir haben das Buffet ausgiebig genossen. Auch Friedl, der seine Ankündigung, „nur ganz wenig“ Nachspeise zu holen, nicht durchhalten konnte.
Am Donnerstag nahmen wir ein Taxi nach Kuseir, einem verschlafenen kleinen Dorf am Meer. Zwei Stunden lang haben wir den Ort erkundet und ein Restaurant gefunden, wie wir es suchten: ein einfacher Holztisch direkt am Meeresufer. Bei der Rückfahrt wurden wir Zeuge, mit welchem Einfallreichtum die alten Taxis in Schuß gehalten werden. Auch wenn das Dach plötzlich auf die Köpfe der Passagiere herabsinkt, was machts. Ein Gegendruck, und es passt wieder. Ein Erholungsschlaf am Strand und so manche Runde schwimmen rundeten den Tag ab sowie am Abend ein Einkaufsbummel, Handlesen im Juweliergeschäft inclusive.
Am Freitag war nun endlich Schnorcheln auf dem Programm. Wir überreden den „Kapitän“ mit sanftem Druck, pünktlich um 11 Uhr abzufahren und nicht noch „eine halbe Stunde“ auf verspätete Passagiere zu warten. Rasche afrikanische Lösung: das Schiff setzte uns auf der Insel ab und kehrte dann um, um die restlichen Passagiere zu holen – nicht ohne zuvor auf hoher See zu versuchen, doch noch über einen Schwenk das fragliche Hotel anzufahren. Und dann standen wir dort auf der einsamen Sandinsel, ringsum türkisblaues Wasser wie in der Südsee. Zwei halbzerschlissene Sonnenschirme aus Palmwedeln, die einzige Ausstattung, machten das Ambiente perfekt. Adam und Eva mußten wohl nahe sein, ließen sich aber nicht blicken...
Die Korallenbänke waren nahe, und manche von uns sahen erstmals das bunte Unterwasserleben. Die Fische, gestreift, gefleckt, oft in Neonfarben, sahen uns Schwimmer wohl als Kollegen an. Flucht war nicht angesagt. Auch wenn mancher von uns bei den Schnorchelversuchen „das halbe Meer geschluckt“ hat: die Farben und Formen der Unterwasserwelt werden in Erinnerung bleiben. Nach einem sehr guten Essen an Bord wendete das Schiff, um zurückzufahren, als plötzlich ein Ruf das Boot stoppen ließ. Delphine, direkt neben uns. Es waren vier Stück, die hier im Wasser spielten, direkt neben dem Schiff, ein seltener Anblick. Um halb sechs traten wir die Rückkehr an, diesmal per Taxi. Deshalb mußten wir uns auch einem der üblichen Polizeikonvois durch die Wüste anschließen, die zu festgesetzten Zeiten starten. Ein Nebeneinkommen der Polizisten dürfte wohl von den beiden Kaffeehäusern kommen, bei denen Pause gemacht wurde. In schöner Absprache verlangten sie, sich ihres Monopoles an diesem einsamen Ort bewusst, nahezu 1,5 € für ein Glas Tee. Wir haben die Konsumation verweigert...
In Luxor sahen wir den Nil wieder. Bei der Überfahrt zum Hotel waren wir nun schon Profis. Ein Gefühl des Heimkommens stellte sich ein.
Am Samstag nahmen wir Abschied vom Nil. Die letzte Lektion: zwei Pferdekutschen wollten uns unbedingt zum „airport“ bringen. Entsprechenden Handbewegungen eines startenden Flugzeugs wurden begeistert bejahrt. Da wir noch viel Zeit hatten, ließen wir uns zu einer letzten Kutschenfahrt überreden. Diese endete allerdings kurz vor dem Bahnhof, als wir die falsche Richtung bemerkten und die Kutschen halten ließen. Ja wollten wir denn nicht zum Bahnhof. Aber bitte zahlen sollten wir trotzdem..
Mit diesem Erlebnis nahmen wir Abschied von Ägypten. Wir haben die größte Stadt Afrikas kennen gelernt, die Pyramiden und Königsgräber gesehen, haben eine Nilfahrt gemacht und kamen durch die Wüste bis ans Rote Meer zu seinen schönen Korallenbänken. Und wir haben einige Menschen etwas kennen gelernt, Beobachtungen gemacht: charmant, sehr kommunikativ und auch neugierig auf alle Aspekte außerhalb ihres Lebenskreises fanden wir sie, mit viel Humor trotz der Notwendigkeit, täglich über allerlei Dienstleistungen und über für uns oft kuriose Einfälle Geld zu verdienen. Sicherheit, an die wir so gewöhnt sind, gibt es nicht oder ist zumindest keine finanzielle Absicherung. Das private Umfeld, die Freunde und vor allem Verwandten sind es wohl, auf die sich der einzelne verlassen kann. Sie werden zusammenhelfen, es wird schon gehen. Und: Allah vergisst uns nicht, dies wird als gewiß angesehen. Wie schön, wenn es gelingt, dass eine Reise ein bißchen mehr wird als eine Besichtigungstour.