Ghana: Tagebuch von Sonnhilde

GHANA       18. November bis 2. Dezember 2006

Samstag, 18. November

Wir treffen Brigitta, Inge und Judith am Flughafen Zürich und fliegen gemeinsam nach Amsterdam. Nach einigen Problemen am Zoll (kleine Fläschchen im Handgepäck müssen in ein Nylonsackerl) geht alles glatt und wir können das Flugzeug besteigen und abfliegen. In Amsterdam treffen wir den Rest der Gruppe: Maria, Georg, Regina und Gabi. Gabi kennen wir schon von unserer Indienreise und es gibt auch gleich etwas zu lachen. – Sie meint, je mehr wir unserem Gate nähern, desto schwärzer wird es, naja, wir fliegen ja auch nach Schwarzafrika. Im Flugzeug sitzen zwei ältere Ghanesen in unserer Nähe. Einer blättert in einem „Afrika, Afrika“-Bildband, später sehe ich die beiden am Zoll beim Diplomatenschalter. Auch ein polnischer Gynäkologe hat das gleiche Reiseziel. Er wird bei einem Kongress in Accra vor ghanaischen Ärzten über Ultraschalldiagnostik referieren.

In Accra werden wir schon von zwei Delegationen am Flughafen erwartet. Auch der Hotelbesitzer, mit dem Inge telefonierte, ist anwesend. Wir fahren ins Fischerdorf Kokrobite. Maria, Heinz und ich werden bei ihm einquartiert, die anderen Gruppenmitglieder sind in einem „Hoteldorf“, das eine Engländerin führt, sehr idyllisch untergebracht; kleine Hütten in einem Palmenwald, Dusche hinter einer Mauer, das Wasser muss mit einem Eimer vom Brunnen geholt werden. Doch auch wir sind mit unserem Zimmer zufrieden, Klo und Dusche funktionieren.

Bei „Wendy´s Place“ ist Musik zu hören, sehr laut – genau das Richtige für Inge, die begeisterte Tänzerin.

 

Sonntag, 19.November

Frühstück bei Wendy. Auf einem überdachten Hochsitz mit Blick aufs Meer speisen wir Banana-Pancake mit Tee und Kaffee. Nun einige Preise:                                                          

Kokosnuss:                                  3.000.—Cedis

Mineralwasser:                             8.000.—Cedis

Frühstück gut und reichlich:           60.000.—Cedis

Bier:                                            14.000.—Cedis pro Liter

Ananassaft:                                  10.000.—Cedis (11.500 Cedis entspricht etwa 1 Euro)

Den Vormittag verbringen wir am Strand. Gabi und Regina haben schon schöne Muscheln gesammelt. Die Fischer kommen mit ihren Booten herein und ich bewundere ihre Geschicklichkeit, senkrecht zur Welle lenken sie mit Hilfe dieser Kraft ihre Boote an das Ufer.

Eine Frau kauft Langusten und sie feilscht dabei mit reicher Gestik, andere tragen Ananas in Schüsseln auf dem Kopf, das Baby ist mit einem Tuch auf dem Rücken gebunden. Buben spielen im Meer, sie sehen wie Scherenschnitte aus. Eine Kühlschranktür wird zum Wellenreiten benützt.

Es herrscht eine starke Strömung und hohe Wellen überstürzen sich. Wir trauen uns nur ein wenig ins seichte Wasser und spüren den starken Sog; man muss gut aufpassen um nicht umzufallen.

 

Aber auch einige Weiße (27) sind am Strand. Eine Deutsche spricht mich an, ihr Mann arbeitet hier als Landvermesser.

Rechts und links von uns ist Sandstrand, hinter uns bilden Palmen den Übergang ins Landesinnere. Männer ordnen am Strand die Fischernetze, hinter uns hört man Trommeln aus einer Hütte (es soll in der Nähe eine berühmte Trommelschule geben). Die Sonne ist heiß und schwül trotzdem es sehr dunstig ist.

Um die Mittagszeit machen wir einen Rundgang durch das Dorf. Wir kommen an einigen Kirchen vorbei und weil ja Sonntag ist, sehen und hören wir die singenden Menschen. Nachher können wir die schön gekleideten Frauen bewundern, manche mit Babies auf dem Rücken, einige mit Sonnenschirmen. Sie tragen lange Röcke und eng taillierte Jäckchen und sehen sehr hübsch aus.

In einer einfachen Imbissstube trinken wir Cola und essen Pampe mit einer scharfen Sauce. Auf dem Weg sehen wir der Herstellung von „Pampe“ zu. Der Teig wird mit einem langen Stößel vom Mann gestampft, die Frau wendet mit der Hand immer wieder den Teig (ein nicht ungefährliches Unterfangen). Bei einem anderen Stand essen wir Ananas, die ein Mädchen mit einem scharfen Messer abschält und in Stücke teilt.

Wir spazieren zurück und trinken bei Wendy Cola. Ein freundliches Ehepaar (die Kinder tragen schöne afrikanische Kleider) verkauft uns „spirituelle Ketten“ mit einem sehr speziellen Verschluss

Den Nachmittag verbringen wir wieder beobachtend am Strand. Es ist sehr erholsam und angenehm. Wir sehen Kinder, die sich im Handstand üben und Saltos schlagen, ein Bursch macht Kunststücke mit einer Springschnur. Zwei Reiter galoppieren den Strand entlang, ein kleiner Bub leistet uns Gesellschaft und beim Spazieren ereilt uns immer wieder eine Welle (Heinz muss seine Schuhe ausleeren).

Abends hat Vivienne für uns bei einer Amerikanerin gekocht, Bohnen und Linsen in roter Sauce mit Kochbananen. Anschließend trinken wir beim Italiener mit Spanierin noch eine Kleinigkeit. An diesem Abend funktioniert das Wasser nicht.

 

Montag, 20. November

Ich wache schon um 4 Uhr früh auf. Um 6 Uhr gehen Heinz und ich an den Strand. Wir schauen zu wie ein großes Schiff mit ca. 15 Männern unter singen ins Wasser gehievt, gezogen und geschoben wird. Es dauert ziemlich lange bis es über die Brandungswellen kommt. Wir suchen Muscheln und eine große konische rollt mir in die Hand – ein Geschenk des Meeres?!

In unserem Zimmer gibt es noch kein Wasser, ich darf aber bei Maria duschen. Wir bekommen dann Wasser im Kübel – so geht es auch.

Das Frühstücksplatzerl mit Blick aufs Meer und den Strand, ist wieder wunderschön. Wir sehen dem regen Treiben zu. Fischer und Frauen, die mit ihren Babies am Rücken große Gefäße am Kopf tragen. Wasser und Kokosschalen mit Fischen werden damit befördert. Kleinkinder krabbeln im Sand und junge Fischer knüpfen an ihren Netzen.

                                                                           

Unser Driver ist pünktlich, wir fahren nach Accra. Auf dem großen Markt erwartet uns eine glühende Hitze und ein unglaubliches Getümmel. Ich muss aufpassen, dass ich die Gruppe nicht verliere, komme kaum zum Schauen, was alles angeboten wird! Kosmetik, Geschirr, Kleidung, Gemüse und Früchte, Gewürze, lebende Schnecken, Schweinshaxen, Fleisch und Fische, frisch und getrocknet, Stoffe, Schmuck, … alles nur Erdenkliche. Bei der Ungarin mit dem schönen Schmuck, fühlt sich Heinz wohler (ihr Geschäft liegt in einer schönen Gegend) und wir erstehen eine Krippe und eine Kette mit Ohrringen.

Das Mittagessen nehmen wir in einem Lokal mit Garten ein. Dort verkehren nur wohlhabende Leute. Die Speisen sind gut und reichlich, aber trotzdem endet das schöne Essen in einem Desaster. Die Besitzer verrechnen mehr als wir bestellt haben und Inge ist nicht bereit den Mehrpreis zu bezahlen. Nach langem Palaver möchten wir, dass Inge die höheren Kosten begleicht und wir das Lokal verlassen können.

Am Nachmittag fahren wir zu einem Markt mit schönem Kunsthandwerk – Schmuck, Schnitzereien und gewebte Stoffe. Wir kaufen bei einem alten Mann drei Holzfiguren ( Mann, Frau und einen Kopf) und Schmuck.

Zurück kommen wir erst in der Dunkelheit und erleben den Verkehr und den Stau in Accra. Wir sehen die Hütten und das turbulente Treiben auf den Straßen. Zum Abendessen macht uns der Koch des Nachbarhotels gute Omeletten. Ein Rasta man unterhält uns mit Trommelmusik, die er am Strand fortsetzt; Inge und Regina tanzen sehr ausdauernd dazu.

An diesem Abend gibt es keinen Strom und wir fragen uns, was uns lieber ist: kein Wasser oder kein Strom?! Ohne Klimaanlage wird es eine heiße Nacht.

 

Dienstag, 21. November

4 Uhr ist meine Aufwachzeit. Um 6 Uhr gehen wir wieder an den Strand. Zwei Schiffe sind schon hinter der Brandung; es ist stürmischer und leider finden wir fast keine Muscheln.

Nach dem Frühstück wandern wir mit zwei Guides (einer allein wollte nicht gehen) den Strand entlang, Richtung Osten. Man hat uns vor dieser Richtung gewarnt – es ist uns nichts geschehen und es war sehr interessant. Die Dörfer an der Küste sind noch wie früher, die Häuser grasgedeckt, die Frauen haben Wäsche aufgehängt, putzen Fische, lassen sich frisieren, haben Lockenwickler im Haar. Kinder kommen neugierig näher; die kleinen verstecken sich hinter den größeren. In einer Imbissbude trinken wir Cola.

Im Fischerdorf heuert Inge ein Boot. Zuerst will uns der Guide zu einem öffentlichen Strand mit Eintritt und Touristenbooten führen, das wollten wir aber nicht. Nach langem Palaver, Feilschen und Lachen wurde Inge einig; für 30.000.—Cedis/Person führten uns die Männer in die Lagune. Wir fuhren an Fischerdörfern vorbei, Kinder liefen am Strand mit uns mit und winkten unter Lachen. Fischer tauchten nach ihren Netzen. Bei einem Glückspilz sprangen die Fische aus dem Netz ins Boot. Wir sehen viele Reiher, weiße, graue, fast schwarze, Kormorane, Austernfischer, einen Eisvogel und eine größere schwarz-weiße Art, von denen es ganz viele gibt, Brachvögel und Kampfläufer.                  

                                                            

In der Lagune schwimmen in kreisförmigen Flächen grüne Stängel und dürre Astbüschel. Hier sollen sich die Fische verstecken, dabei werden sie dann gefangen. Wir sehen Fischer, die ihre kreisförmigen Netze auswerfen, diese sind am Rand mit Steinen beschwert.

Der Rückweg ist dann ziemlich anstrengend. Wegen der Flut müssen wir im weichen Sand gehen, als Trost durchqueren wir die Dörfer, sehen Schafe, die ganz anders gefärbt sind (eines war z.B. braun wie ein Hund). Interessant ist auch die Form der Backöfen, die man zahlreich sieht. Sie sehen wie liegende Quader aus, die zwei Einschuböffnungen haben eine Dreiecksform. Die Hühner sind kleiner als bei uns, sie laufen mit ihren Küken auch am Strand herum.

Wir kommen ziemlich müde bei Wendy´s Place an, trinken Fruchtsaft und plötzlich bekommt Heinz einen Kreislaufkollaps. Mit Notfallstropfen und kalten Umschlägen geht es ihm nach einiger Zeit wieder gut. Maria, Gabi, Regina und Brigitte bemühen sich sehr um ihn und begleiten uns fürsorglich ins Hotel.

Ich wasche Wäsche und die gefundenen Muscheln, und wieder erfreue ich mich an der Vielfältigkeit und dem Formenreichtum.

Um halb sechs Uhr treffen wir uns mit Inge und sie zeigt uns, wie die Verschlüsse unserer spirituellen Ketten zu handhaben sind. Beim Italiener essen wir dann zu Abend. Es ist eine kleine Oase und wir genießen das gepflegte Ambiente und gute Essen. Es werden Witze erzählt und viel gelacht.

 

Mittwoch, 22. November

Um 6 Uhr gehen Maria und ich zum Strand, wir wollen Qi gong machen. Die Fischer sind schon sehr rege; zwei große Boote werden ins Wasser gelassen. Das Meer ist wie fließendes Silber, die Sonnenscheibe hinter Dunst, und wieder manövrieren die Männer geschickt das Boot hinter die starke Brandung. Kinder kommen und schauen Maria und mir zu, sie lachen und versuchen sich selbst daran. Frauen holen in großen Aluminiumgefäßen Wasser.

Ich habe das Gefühl, Ewiges zu erleben; die Zeit ist stehengeblieben und die neu erbauten Häuser gehören nicht hierher. Wendy´s Place fügt sich aber gut in die vorherrschende Architektur ein; schade, dass sich andere daran kein Vorbild genommen haben.

Am Vormittag fahren wir weiter nach Cape Coast. Die Fahrt geht durch Dörfer, vorbei an Märkten und dann über freies Land: Buschwerk, Kokospalmen, Bananenstauden, Termitenhügel, rotblühende Bäume (Feuerbaum), hügeliges Gelände, Teiche mit Seerosen, dann sehen wir schon die Sklavenburg in Cape Coast. Wir kommen in unserem netten Hotel an. Es wird von einer Libanesin, die in Deutschland aufgewachsen ist, betrieben. Die Unterkünfte sind afrikanischen Rundhütten nachempfunden.

Inge hat unglaublich viel Energie und schlägt noch einen Stadtrundgang vor. Ich fühle den Schlafmangel der letzten Tage und bin sehr müde. Heinz und ich bleiben lieber am Strand zurück, um ein bisschen zu relaxen. Bald bekommen wir Gäste, kleine Kinder umlagern uns. Eine Fußballmannschaft trainiert am Strand, Buben machen Handstände, Handstandüberschlag, Saltos und schlagen Räder. Eine große Gruppe moslemischer Schüler lagert am Strand. Sie breiten lange Teppichbahnen auf, beten und essen zusammen. Die Brandung ist auch hier sehr stark, das Wasser spritzt meterhoch die Felsen empor. Schweine mit Jungen laufen das Ufer entlang, ein Geier findet Fressen und plötzlich sehen wir, dass wir zwischen zwei Mülldeponien liegen.

Am Abend bestellen Heinz und ich Gemüsesuppe – sie ist so scharf – unmöglich für mich, sie zu essen. Inge tauscht mit mir, aber auch für sie ist sie „wahnsinnig“ scharf.

Zwei Burschen geben eine Artistik-Vorführung. Sie sind wirklich gut. Zu den Saltos, Handständen, Rädern kommen noch Feuerschlucken, Jonglieren und Hipp Hopp dazu. – Wir erleben „Afrika-Afrika“ die Heller-Show pur.

 

Donnerstag, 23. November

Heute schlafe ich das erste Mal länger und bin gut ausgeruht. Das Frühstück ist leider nicht so gut wie in Kokrobite, aber der Blick durch die Palmen aufs Meer ist sehr romantisch.

Wir fahren zum Kakum-Nationalpark. Hier kann man auf Hängebrücken zwischen den Baumwipfeln (40 m Höhe) von Plattform zu Plattform gehen. Es ist wunderschön, die schwankenden Brücken entlang zu spazieren. Ich sehe rot-orange Schmetterlinge; der Blick hinunter auf das Blättergewirr gefällt mir besonders; auf den dazwischen stehenden Baumriesen sind die Aussichtsplattformen gebaut. Hier kann man verweilen und schauen, riechen und lauschen. Es stimmt mich traurig, zu wissen, dass vor nicht einmal 100 Jahren ausgedehnte Regenwälder dieses Land bedeckten. Heute gibt es nur mehr einige Nationalparks in denen diese Urwälder geschützt werden.

Wir schließen noch einen Wald-Spaziergang am Boden an. Der Guide erzählt uns in schwer verständlichem Englisch, dass die meisten Bäume Heilkräfte haben und in der traditionellen afrikanischen Medizin verwendet werden. Doch ist auch hier eine sehr gute Pflanzenkenntnis notwendig. Er ritzt einen Baum an, heraus tritt eine milchige Flüssigkeit, die sehr giftig sein soll. So sehen wir Mahagoni- und Ebenholzbäume, Bäume mit Brettwurzeln, Lianen und Farne; an manchen Stellen duftet es wunderbar. Auch erzählte er, dass früher alle Menschen im Wald lebten, und sie irgendwann von den Termiten den Hausbau lernten. Diese Insekten erzeugen eine Art Zement, mit dem sie ihre Termitenburgen bauen.

Anschließend fahren wir zu einer großen Hotelanlage mit Restaurant und künstlich angelegten Teichen, in denen Krokodile schwimmen. Auf einer Insel steht ein Baum, an dem viele Grasnester hängen. Gelbe Vögel mit schwarzen Köpfen schwirren herum, einer baut gerade fleißig sein Nest. Wir beobachten wieder den schwarz-weißen Eisvogel, der gerade einen Fisch erlegt.

Auf dem Rückweg sehen wir wieder traditionelle Dörfer, hoffentlich kann ich morgen Fotos machen. Westlich von Cape Coast in Richtung Elima, erstreckt sich ein wunderbarer Strand. Angekommen in Cape Coast gehen wir in die Burg. Hier wurden vor Jahrhunderten Sklaven bis zu ihrem Abtransport gefangen gehalten. Ein schrecklich beschämendes Kapitel in der Geschichte der Weißen, aber auch schrecklich leidvolles in der der Schwarzen. Wir besichtigen auch eine Methodistenkirche. Hier sehen und kaufen wir zum ersten Mal Ansichtskarten.

 

Am späten Nachmittag machen wir Rast im „Beach Resort“ und beginnen bei kühlen Cola Nachrichten an die Daheimgebliebenen zu schreiben. Cape Coast ist das geistige Zentrum Ghanas. Auf einem ausgedehnten hügeligen Gelände befinden sich die Universität und viele Colleges, die die verschiedenen Religionsgemeinschaften erbauten.

Das Abendessen nehmen wir in einem Restaurant bei der Burg ein. Am Heimweg, wir gehen auf der linken Seite, überholt uns ein Auto, fährt nach links und schaltet die Lichter aus. Wir bekommen von Inge die Anweisung: “Alle auf die rechte Seite!“ Wir wundern uns, bis sie uns die Travellerregel erklärt. Diese besagt, dass man jeder potentiellen Gefahr aus dem Weg gehen muss und wir bzw. unsere Fotoapparate oder Handtaschen wären vielleicht beim knappen Vorbeigehen am Auto eine leichte Beute gewesen. In dieser Nacht schlief ich ziemlich schlecht.

 

Freitag, 24. November – Montag, 27. November

Auf Gabis ausdrücklichen Wunsch und mit Zustimmung der Gruppe fahren wir heute nach Kumasi weiter. Während des Frühstücks erleben wir ein wunderbares Schauspiel. Fischerboote über die Brandungswelle zu bringen, ist an sich schon sehenswert, aber hier mühen sich 10 junge Männer ab, das Boot ins Wasser zu schieben. Sie warten auf die richtige Welle, springen ins Boot und beginnen so schnell als möglich unter bestimmten Ruflauten zu rudern. Im Wasser holen sie die Netze ein; sie ziehen zuerst an einem Seil, das um eine Kokospalme geschlungen ist. Sechs bis zehn Männer holen das Seil ein, einer ruft, die anderen antworten und dabei ziehen sie, wechseln sich ab, und bis endlich das Netz zu Tage kommt, dauert es ziemlich lange. Wenn das Boot wieder an Land ist, bekommt jeder Arbeiter seinen Lohn in Form von Fischen ausbezahlt. Frauen kommen mit Gefäßen und kaufen gleich am Strand den frischen Fisch. Was für ein herrliches Erlebnis.

Auf der Fahrt nach Kumasi machen wir noch einen kleinen Umweg, um die alten Dörfer und den Strand von Elmina zu fotografieren. Dann machen wir uns auf den Weg ins Landesinnere. Wir durch- queren teils hügelige, ja sogar bergige Landschaften. Es ist sehr grün, dicht bewachsen mit niederen Sträuchern, Bananenstauden, Orangen- und andere Obstbäume; auch Kokospalmen sehen wir und dazwischen einzelne hohe Regenwaldriesen. An Dörfern kommen wir vorbei, wenig alte lehmverschmierte Häuser mit Grasdächern gibt es, die meisten Gebäude sind Flachbauten, mit Blech oder Wellblech die Pultdächer gedeckt, die Schulen barackenähnlich, die Kinder in Schuluniformen.

Mittags rasten wir in Obuawasi, eine Bergwerksstadt. Hier wird nach Gold geschürft und man sieht alte Fördertürme. Das Essen in der Lodge ist gut und teuer (ein Touristenlokal), die Spaghetti sind sogar al dente.

Weiter in Richtung Kumasi. Verkaufsstände säumen immer wieder die Straße, Kokosnüsse werden gekauft, geköpft und der klare Saft sofort ausgetrunken. Die dünne weiße Kokosschicht wird ausgekratzt und gegessen. Es schmeckt wunderbar! Frauen verkaufen gebratene Kochbananen, Weißbrot, Weckerln, Bananen und vieles mehr. Man sieht Möbel (Sofas und Fauteuils); man fragt sich, wo die hingestellt werden. Und immer wieder sieht man Sargtischlereien in denen Särge mit Fenster, Spiegel und einer sogar mit Schiff und Ruderern hergestellt werden.

 

In Kumasi angekommen, gehen wir in ein Kunsthandwerkszentrum. Hier wird Schmuck, Glasbeats (Perlen aus Altglas), Batikarbeiten und Messinggüsse, Holzschnitzereien und Korbwaren verkauft. Auf dem Gelände sehen wir einen Kalebassenbaum. Luftballongroße Früchte hängen herab.

Wir wohnen in einem Presbyterien Guest House, mit spartanischen Zimmer, Klo und Dusche am Gang. Wir essen im Haus.

 

Samstag, 25. November

Frühstück im Haus. Anschließend fahren wir auf der Straße Richtung Accra, ca. 16 km nach Ampabame – Krofoforom und beobachten Schmiede bei der Arbeit. Sie erzeugen Messingwaren – Perlen und Figuren, Kerzenhalter, Schlüsselanhänger, ….. . Eine Frau verkauft Seife; Kinder betasten uns, - die Kleidung, die Haut und die Haare. Diese Gegend ist Ashanti-Land. Die Dörfer liegen zwischen Granitfindlingen. Ziegen klettern darauf herum oder liegen in dem Schatten dieser Steinriesen. Danach fahren wir noch einmal in das Kunsthandwerkszentrum. Wir werden immer wieder fündig.

Am Nachmittag fahren wir ins Museum, dahinter liegt der „einfache“ Königspalast. Inge entdeckt eine Begräbnisfeierlichkeit, sie wird eingeladen mit der Gruppe daran teilzunehmen. Wir kondolieren den Menschen in der 1. Reihe und bekommen selbst einen Platz in der 1. Und 2. Reihe zugewiesen. Auch uns werden jetzt die Hände geschüttelt. Heinz und mir in der zweiten Reihe wird zu gewunken. In der Mitte des Platzes steht ein Tisch mit Blumen und dem Foto vom Verstorbenen. An vier Seiten sitzen die Trauergäste. Es wird getrommelt und ein Bursch tanzt. Es ist sehr eindrucksvoll. Wir bekommen Cola und dürfen fotografieren. Der Verstorbene muss eine hohe Persönlichkeit gewesen sein, sein Bruder lebt in London, ein Mann betritt den Platz (wir nennen ihn den Ashantikönig), ein großer schwarzer Schirm wird über ihn gehalten und als er mit kleinen Schritten zu tanzen beginnt, wird dieser über ihn gedreht. Eine Frau singt dazu durchs Mikrophon, die Trommeln geben den Rhythmus vor. Auch andere Männer tanzen, allein oder mit Partnerin, es sind kleine Schritte und verschiedene rhythmische Bewegungen. Sie haben rote oder schwarze Schärpen um, die Frauen sind meist schwarz, manche auch rot gekleidet. Einige Stoffe haben wunderschöne Farbzusammenstellungen – schwarz, braun, golden. Für afrikanische Verhältnisse verabschieden wir uns ungewöhnlich früh. Brigitta geht uns ab, sie erwartet uns beim Auto; sie hat sich wegen unsere Kleidung bei der Feier nicht wohlgefühlt. (Wir übrigens auch nicht)

Danach fahren wir zum größten Markt Westafrikas. Durch enge Gassen führt uns Inge zu den Perlenhändler. Hier herrscht ein angenehmes, ruhiges Verkaufsklima. Inge erklärt uns die Besonderheiten der Kette. Es gibt eine große Auswahl: Hochzeitsketten aus Mali, Knochenketten der Tuaregs, bemalte Glasperlen, alles sehr sehenswert. Wir kommen an den Schneidern und Schuhmachern vorbei, später folgen Gemüse-, Fleisch- und Fischstände.

Mit zwei Taxis fahren wir nach Hause, sie finden unser Guest-House schnell. Auch hier findet eine Begräbnisfeierlichkeit statt, bei der auch Kinder tanzen.

Duschen und Rasten tut immer gut. Das Nachtmahl nehmen wir in einem nahen indischen Restaurant ein, das eine reiche Auswahl anbietet.

                                          

Sonntag, 26. November

Fahrt zum See Bosumtwi, ca. 20 km von Kumasi entfernt. Er liegt eingebettet zwischen grünen Hügeln. Rundherum befinden sich Fischerdörfer; das Dorf durch das unsere Straße führt, ist noch sehr ursprünglich. In großen Töpfen wird im Freien gekocht, mit Steinen beschwerte Fischernetze hängen zum Trocknen in der Sonne. Fischer fahren auf Brettern und fangen mit Netzen. Gerudert wird mit den Badeschlapfen, die auch beim Tauchen an den Füßen bleiben. Es ist ein Bild aus der Vergangenheit.

Nachdem wir ausgestiegen waren, werden wir sofort von Kindern umringt. Gabi und Regina sammeln die abgestorbenen Blütenstandhüllen der Palmen auf, die wie kleine Schiffe aussehen. Gleich klettern Buben in die Palmen und wollen einander mit dem Einsammeln immer schönerer Hüllen übertreffen. Ein Mädchen führt uns durch das Dorf und zeigt uns den Weg zum Restaurant „Paradise“ – eine Art Club Mediterranes, eine Hotelanlage mit schönem Palmenstrand und Rasen und einem Blick auf den ruhigen See. Es ist als ob die Zeit den Atem anhält. Wir genießen die Stille sehr. Das Baden im warmen Seewasser erscheint uns wie ein Thermalbad, Brigitta bekommt den Kaffee sogar unter Palmen serviert.

Auf der Rückfahrt bringt uns Frank, unser Fahrer, in sein Heimatdorf. Sein Onkel ist gestorben und Frank möchte seine Verwandten sehen (wir auch!). Im Dorf wird bereits alles für das Begräbnis vorbereitet, am Hauptplatz sind Sessel, in quadratischer Form aufgestellt, in der Mitte der Gedenkschrein für den Verstorbenen. Die Trauergäste sind in schwarz-weiß gemusterten Kleider und Umhängen gewandet.

Um die Verwandten zu besuchen, fahren wir durch enge Straßen, in einen Bananenhain, bis zum Ende des Weges. Nach einigen Schritten werden wir von Franks Familie sehr freundlich begrüßt. Die Mutter, die Großmütter, Schwestern, Onkeln, Nichten und Neffen – alle sind gekommen. Frank wird freudig von seinen Verwandten berührt; wir bekommen Cola und dürfen fotografieren.

Die Küche ist eine offene Feuerstelle, an drei Seiten von Lehmziegel umgeben. Das Haus hat ein Flachdach, eine schmale Veranda und vielleicht zwei Räume. Die Kinder lachen, alle – Alte und Junge- lassen sich gerne fotografieren, und als ich die Großmutter ablichte, bringt ein Enkel schnell ein Paar Flip-Flops, damit sie nicht barfuß auf dem Film ist.

Eine junge Frau gibt Georg ein unmissverständliches Zeichen und fordert ihn auf, mit ihr in den Bananenwald zu gehen. Aber freundlich und ein bisschen verlegen, hat er die Avancen abgelehnt. Dieses für uns ungewöhnliche Erlebnis ist natürlich später im Auto ein Thema für lange Gespräche.

Wir fahren erst um ca. fünf Uhr zurück. Inge eilt noch schnell in den Markt, wir anderen sind froh nach Hause zu kommen und erhaschen gerade noch die letzten Wassertropfen aus dem Hahn. In die Dusche steigt es leider nicht mehr und auch der Strom fällt für diese Nacht aus. Zum Nachtmahl werden wir von zwei Taxis gebracht; zwei sehr hübsche, wunderschön gekleidete junge Frauen mit Kindern haben uns einen Lokaltipp gegeben. Bei Kerzenschein und lauter Musik essen wir Pizza aus dem Holzofen. Hier werde ich zur Biertrinkerin, es schmeckt gut und gibt die Mineralstoffe, die durch das ständige Schwitzen verloren gehen, zurück.


Die Nacht wird kurz und unruhig. Georg kann seinen Pass nicht finden. Inge sucht, dreht die Rezeption vom Untersten zum Obersten und befragt den Security-Mann. Doch niemand kann helfen. Da kommt ein hilfsbereiter Mann von der Straße hinzu, beginnt draußen zu suchen und findet den Pass an der Stelle, wo Georg aus dem Taxi gestiegen ist. Inge gibt dem Finder seinen Dankeslohn; er freut sich riesig darüber. Dann gehen sie feiern und kommen lachend und glücklich in der Nacht heim.

 

Montag, 27. November

Um 6 Uhr früh gehen einige von uns mit Inge auf den Markt. Es herrscht schon reges Leben. Wir kommen diesmal zu anderen Plätzen und ich entdecke bei einem Antiquitätenhändler zwischen einigen Plastiken einen Engel. Zuerst glaube ich, dass die Figur eine Madonna darstellt, aber wie ich sie in die Hand nehme, bemerke ich die Flügel. Ich bekomme sie zu einem sehr günstigen Preis 50.000.—Cedis (= weniger als 5 Euro).

Unsere Weiterfahrt geht Richtung Osten über Koforidua nach Aburi. Wir sehen immer wieder Verkaufsstände entlang der Straße. Diese sind mit Palmzweigen gedeckt und sehen sehr hübsch aus. In Koforidua eilt Inge schnell auf den tollen Perlenmarkt und Heinz kauft für uns alle Schokolade. (Wir haben schon richtig Appetit darauf.) In einem anderen Ort sitzen Buben unter einem Sonnenschutz und weben Kent-Bänder. Das sind ca. 12 cm breite, 1 ½ m lange Bänder in wunderbaren Farben und bestimmten typischen Muster. In einem Hof können wir einige davon erwerben und dürfen auch wieder fotografieren. Ein Mädchen bittet mich, es mit nach Amerika zu nehmen. Es erhofft sich dort ein besseres Leben. Auf der Straße bieten Männer gejagte Waldantilopen zum Essen an, auch geselchte Flugtiere und Affen, mir graust es ein bisschen. Da sehe ich lieber, was die Frauen in ihren Behältern am Kopf anbieten, gekochte Maiskolben, Obst, usw.

In Aburi befindet sich unsere Hotelanlage in einem botanischen Garten, leider ist sie schon sehr abgewohnt, das Fließwasser funktioniert nicht, manche Ventilatoren streiken; aber mit Kübeln schaffen wir es auch gut, uns zu waschen. Es wird eine angenehme Nacht, da es hier kühler ist.

 

Mittwoch, 29. November

Als wir aufwachen, liegt Nebel über dem botanischen Garten, ein Gefühl wie im Regenwald. Es tropft von den Bäumen, auf denen sich Schmarotzerpflanzen (Orchideen) angesiedelt haben. Nach dem Frühstück spazieren wir im Park umher, durchschreiten die Palmenallee und bewundern die Vielzahl der pflanzlichen Formen und Farben.

Zu Mittag fahren wir weiter nach Kokrobite, unserem Fischerdorf. Nun werden wir schon wie alte Bekannte begrüßt, essen bei Vivienne und setzen uns dann zusammen, um die in einer Glasperlenerzeugung gekauften Schätze zu Schmuckstücken zu verarbeiten. Glasperlen werden aus buntem Altglas hergestellt. Die Flaschen werden nach Farben sortiert, zerschlagen, und die Scherben auf einer Platte aus Ton mit runden Vertiefungen im Schmelzöfen geschmolzen; mit einem kleinen Holzstäbchen wird in der Vertiefung umgerührt, bis eine Kugelform oder ähnliches entsteht. Nun kann auch in andere Farben kurz eingetaucht werden, dabei entstehen verschiedenfarbige Schlieren, auch kann die Perle bemalt werden, was wieder andere reizvolle Aspekte zeitigt.

Die Herstellung von Glasperlen ist sehr aufwändig, daher sind die Ketten sehr kostbar und werden von Königen und hohen Persönlichkeiten getragen. Sie werden in den Familien weitervererbt und mit großer Sorgfalt aufbewahrt.                                                                        

Donnerstag, 30. November bis Samstag 2. Dezember

Jetzt kommt uns zugute, dass Inge in ihrem Reiseprogramm die Anfertigung von Ketten bedacht hat. Sie hat Zangen, kleine Scheren und Nylonfäden sowie Drähte im Gepäck, die Verschlüsse haben wir schon am Anfang unserer Reise bei der „Ungarin“ gekauft. Heinz teilt die bei den Ashantis gemeinsam gekauften teuren Messingkugeln auf und fädelt sie auf lange Schnüre. Jede „Schmuckerzeugerin“ bekommt eine oder mehrere zugeteilt und mit den eigenen Glasperlen kann es nun losgehen.

Die letzten Tage gehen mit fädeln, bewundern und probieren, spazieren, lesen, schwimmen und ausruhen schnell vorüber. Regina und Gabi lassen sich von Frauen afrikanische Zöpfchen flechten. Das Flechten stellt an Friseurin und Kundin große Ansprüche an Geduld und Fingerfertigkeit. Den ganzen Tag dauert es, bis unsere zwei Schönen fertig sind; sie werden von uns kontinuierlich mit stärkenden Getränken versorgt. Natürlich sind wieder viele Kinder rundum und beobachten lachend und spielend das Geschehen.

Am Abend des 2. Dezembers sind wir dann Richtung Flughafen unterwegs. Noch einmal bewundern wir das Land und die Menschen, rufen uns die ganz besonderen Erlebnisse in Erinnerung und sind letztendlich aber doch froh, wieder nach Hause in die Kälte zu kommen.