Auf den Spuren des Lehms. 9.-17. Okt. 2018.


Marrakesch wird auch "die rote Stadt" genannt. Man bezieht sich da auf die fast durchgehend rötliche Farbe der Häuser - lehmfarben sind sie eigentlich. Das ist sicher kein Zufall, und wir werden diese "roten" Häuser während unserer Woche laufend sehen. Da gibt es wohl so manche Vorschrift. Ganz Mutige wählen ein dunkleres rotbraun und ja wirklich, ihre Häuser stechen hervor. Aber bei lehmfarben außen ist nicht überall Lehm drin, im Gegenteil. Wir werden bei dieser Studienreise auf den Spuren des Lehms außen UND innen unterwegs sein. Und als weiteres Highlight per Sondergenehmigung die geplant weltweit größte Solaranlage NOOR besichtigen können, die derzeit schon in Teilbetrieb ist. Fachlich wird diese Reise begleitet von Harald Gmeiner, Bereichsleiter ökologisch Bauen im Energieinstitut Vorarlberg. Für den Reiseteil werde ich vor Ort verantwortlich sein: Inge Sohm, Reisebüro einfach unterwegs.

Die HöchstteilnehmerInnenzahl ist 12 Personen, die Reihung erfolgt nach der Reihenfolge der schriftlichen Anmeldung.

 

Am Dienstag, 9.Okt. 2018 
Per Bayernticket geht es im Zug nach München, Abflug 16.20 Uhr. Wir treffen am Flughafen Marrakesch leider nachts ein. Die Alternative Abflug 6 Uhr hab ich nicht gewählt, da nächtliches Aufstehen um 2 Uhr oder früher zu einem erschöpften Beginn der Reise führt.
Die erste Fahrt mit dem Taxi führt uns an den Stadtmauern vorbei Richtung Altstadt. Für die Wahl des Hotels spricht die hervorragende Lage in Gehdistanz zum berühmten Platz Djemaa El Fna. 

 

Am Mittwoch und Donnerstag, 10.-11.Okt
haben wir viel Zeit in und um Marrakesch. Wir werden die Architekturschule in Marrakesch besuchen und in Fachaustausch treten mit den StudentInnen und Prof. Abgelghani.

In Marrakesch gibt es auch die Chance, zeitgemäße Lehmarchitektur zu besuchen: die Villa Janna, Centre de la Terre, und die geheimnisumwobene Himmelstreppe.

Worauf ich mich selbst schon freue: auf eine ca. einstündige Rundfahrt mit einer der typischen Pferdekutschen von Marrakesch, und zwar entlang der alten Stampflehmmauern. Die Stadtmauern wurden 1132 erbaut und später erweitert, bis sie eine Länge von 19km hatten, bewehrt mit 202 rechteckigen Türmen und erschlossen über 9 Tore, "Bab" genannt. Einige Teile sind noch gut erhalten, so ein fast 1.300m langer Abschnitt, den wir umrunden werden.

 

Natürlich lockt auch die Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen und den unzähligen Geschäften. Es gehört mit zu den schönen Erlebnissen in Marrakesch, sich hier einfach treiben zu lassen. Da wird von dem besonders aromatischen Zimt gekauft, dort ein Paar der typischen marokkanischen Slippers probiert. Sehen, hören, riechen. Und irgendwann hat man bestimmt die Orientierung verloren. Dann retour zum Platz, zum frischen Orangensaft, ins Café.

 

Der Platz Djemaa el Fnaa wird uns sicher rasch in seinen Bann ziehen, vor allem abends. Um Gaukler, Märchenerzähler, Artisten, um Musikanten, Feuerschlucker und Heiler bilden sich größere oder kleinere Kreise von Interessierten, und es überrascht beinahe, dass wir Touristen hier deutlich in der Minderzahl sind. Der Djemaa El Fna war und ist ein Unterhaltungsforum für die einheimische Bevölkerung. Wenn die Schlangenbeschwörer bei Sonnenuntergang den Platz verlassen, werden täglich die vielen Garküchen aufgestellt und spät in der Nacht wieder abgebaut - beides ein Schauspiel für sich. Sie bieten von Suppen bis gekochten Lammkopf alles mögliche, gutes und preiswertes Essen in riesiger Auswahl. In einer Ecke finden wir Tische mit heißem Gewürztee, den es nur hier gibt – und in Indien. Rundum Buden mit hoch aufgehäuften Orangenbergen für frischen Orangensaft, sie gehören zum typischen Bild. Gleich daneben kann man sich mit herrlichen Datteln erster Qualität eindecken, mit getrockneten Marillen, unterschiedlichen Nüssen. Oder man bestellt bei den Heilern ein Amulett, das dem schmerzenden Knie auf die Sprünge helfen wird, dem Herzen oder überhaupt dem Lebensglück.

Wahrscheinlich besichtigen wir den Palais de Bahia, lassen uns zurückversetzen in alte Zeiten. Gegen Abend geht es wieder zurück in den Souk – wenn die Lichter angehen und sich in Silber, Messing und Kupfer spiegeln, ist der Eindruck ein wieder völlig anderer, nun wirklich wie aus 1001 Nacht. 

 

Freitag, 12. Okt.

Wir verlassen Marrakesch per Minibus. Zuerst passieren wir einige Ortschaften in der fruchtbaren Haouz-Ebene. Allmählich beginnt den Anstieg auf den 2260 m hohen Paß Tizi n`Tichka. Die Landschaft bietet grandiose Ausblicke in feinabgestimmten Farbenkompositionen. Wir sehen dunkelgraue, weiße, rote, violette, sogar grünliche Felsgebiete, Felder, Flusstäler mit Oleander, Erlen, Pappeln sowie Nadelwälder mit Aleppokiefern. Die Dörfer passen sich ihrer Umgebung an, und man sieht sie oft erst spät: in einem Gebiet mit ockerfarbener Erde sind sie ockerfarben, in einem Gebiet mit grauen Felsen sind sie aus grauem Stein erbaut mit weiß umrandeten Fenstern.

In einem Dorf im Atlasgebirge machen wir halt. Hier gibt's Mittagessen, und wir besuchen einige Bekannte in ihren kleinen Geschäften entlang der Strasse.

Dann geht es die berühmten Serpentinen hinauf auf den Paß. Auf der Südseite des Hohen Atlas passieren wir bald einige stark verschachtelte Ortschaften mit in- und übereinandergebauten Häusern, und wir sehen die ersten Kasbahs (Lehmburgen). Wir folgen einem Flusslauf und genießen weiterhin herrliche Ausblicke auf die Gebirgsketten, bis wir schließlich tiefere Gegenden erreichen. Und dann sind wir auch schon im netten Hotel von Hamid in der Nähe der wohl berühmtesten Kasbah Marokkos, der Kasbah Ait Benhaddou. Es handelt sich eigentlich um ein Ksar, ein Dorf mit einigen integrierten Lehmburgen, Kasbahs. Aber der Name Kasbah hat sich für das gesamte Dorf durchgesetzt.

 

Wir spazieren durch das verwinkelte Lehmkonstrukt Ait Benhaddou, verstehen sofort, warum diese Kasbah oft als Filmkulisse dient. Wie gehen hinauf auf den Hügel, mit Überblick über das Dorf bis zu den Schneebergen. Vor über 10 Jahren war Ait Benhaddou so gut wie verlassen, und es tat das Herz weh, war doch der Verfall der Lehmbauten absehbar – obwohl die Unesco eine schützende Hand darübergelegt hatte. Dann kamen immer mehr Touristen und in Folge ein Souvenirladen nach dem anderen in dafür renovierten Gebäudeteilen. Der eine oder andere Bewohner bietet inzwischen sogar sein Haus zur Besichtigung an. Hier hat der Tourismus mit dazu beigetragen, Unwiederbringliches zu erhalten - auch wenn inzwischen wirklich viel los ist.

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